Sie stehen an den besten Lagen: Kirchen bekrönen Hügel, markieren Zentren oder wichtige Verkehrsknotenpunkte – Orte, die in unseren Städten und Siedlungen bis heute eine besondere Rolle spielen. Viele dieser Kirchen stehen nun vor Umnutzungen und darin liegen spannende Aufgaben. Auf der einen Seite besitzen die Anlagen enormes städtebauliches und freiräumliches Potenzial, auf der anderen Seite eine so sensible wie wertvolle, gesellschaftlich und kulturell reichhaltige Substanz. Die Fusion der beiden Kirchgemeinden Johannes und Markus soll an der Berner Markuskirche nicht nur einen Bauprozess, sondern vielmehr einen umfassenden Kulturprozess in Gang setzen.
Wenn Planung mehr ist als Pläne zeichnen, wenn wir den Prozess schon weitaus früher und ganzheitlicher mitdenken und -lenken dürfen, dann werden wir neugierig. Daher freut es uns besonders, dass wir in einem breit aufgestellten Team die Zukunft der Markuskirche im Berner Breitenrainquartier mitgestalten dürfen und damit auf unsere Erfahrungen mit der Luzerner Lukaskirche aufbauen können: Zusammen mit Althaus Architekten +, dem Künstler Christian Kathriner, Epro Engineering, der Theologin Ella de Groot und dem Kunsthistoriker Dieter Schnell haben wir den Wettbewerb gewonnen.
Schon in seiner Grundanlage hat der Kirchenstandort am Knotenpunkt verschiedener Strassen und Quartierverbindungen mit seiner baulichen und freiräumlichen Struktur die Qualitäten eines Quartierzentrums. Der Fusionsprozess der beiden Gemeinden bietet willkommenen Anlass, diese räumlichen Qualitäten mit neuem Inhalt zu füllen: Die Schärfung der kirchlichen Angebote und die Stärkung der Beziehungen zum Quartier sind zugleich Auslöser und Ausdruck einer sorgfältigen Umgestaltung.
Der Entwurf macht das Gotteshaus mit seinem Umfeld zum offenen Begegnungsraum: Die zeitlich beschränkten kirchlichen Nutzungen werden sich künftig mit neuen Nutzungen überlagern. Raum finden beide in den alten Gefässen – dort, wo es die städtebauliche und bauliche Situation nahelegt: Die Kirche selbst wird auch zur räumlichen Carte Blanche für Künstler, Vereine und Anlässe, die viel Platz erfordern. Das Kirchgemeindehaus wird zum Quartierhaus für Veranstaltungen der Kirche und der Nachbarschaft. Im ehemaligen Pfarrhaus findet tagsüber die Verwaltung Ruhe und abends ein Jugendtreff Entfaltungsraum – mit einem neuen Fenster zur Strasse und zur Stadt. Ein Bistro belebt und verbindet die neue Vielfalt.
Minimale Eingriffe in die denkmalgeschützten Freiraumstrukturen tragen den Transformationsprozess von innen nach aussen und optimieren dabei auch die räumlichen Bezüge zum Quartier. Die 'freiraumgestalterische Akupunktur' infiltiert das historische Ensemble mit einer tragenden Zukunftsvision – und sichert es gerade dadurch umso verlässlicher.
Espazium hat dem Wettbewerb einen Beitrag gewidmet.
Bild ganz oben: Situationsplan Tag und Nacht aus dem Wettbewerb.
Bild oben: Schemata zu den Freiräumen und zur grossräumigen Erschliessung aus dem Wettbewerb.
Bild Einstiegsseite: Der Neonlöwe, abgeleitet vom Markuslöwen: Ein Werk der Künstlers Christian Kathriner an der Markuskirche.